Die Welt dreht sich schneller als jemals zuvor. Auch in der Geschäftswelt bringen jede Veränderung, jede neue Technologie und Methode direkt neue Berufsbezeichnungen und Tätigkeitsfelder hervor. Selbst wenn man in den jeweiligen von Veränderung und Disruption betroffenen Bereichen arbeitet, fällt es zuweilen schwer, klare Grenzen zu ziehen oder überhaupt den Überblick zu behalten. Ich möchte hiermit das digitale Projektmanagement, ein Aufgabenfeld, das sich seit einigen Jahren mehr und mehr herauskristallisiert und etabliert, für mich und für euch definieren.
Was ist Projektmanagement überhaupt?
Oder anders gefragt: Was ist es nicht? Es ist kein Produktmanagement. Die Grenzen und das Verständnis von Produkt- und Projektmanagement sind fließend. Dennoch, Produktmanagement ist eine Funktion, die sich mit der Planung, Steuerung und Kontrolle von Produkten (oder Dienstleistungen) von der Entwicklung, über die Marktreife bis hin zur Außerdienststellung befasst. Als Projektmanagement hingegen wird das Initiieren, Planen, Steuern, Kontrollieren und Abschließen von Projekten bezeichnet.
Das klingt jetzt grundsätzlich sehr ähnlich, aber genauer betrachtet verfolgen Produkte und Projekte zwei unterschiedliche Zielsetzungen und werden auch im Ergebnis unterschiedlich bewertet. Während ein gutes Produkt zum Ziel hat, am Markt und beim Kunden erfolgreich zu sein, so ist ein Projekt dann erfolgreich, wenn die interne Organisation reibungslos, im Zeitplan und im Kostenrahmen ihre Aufgaben erledigen konnte.
Da Kunden und Märkte andere Anforderungen an eine Organisation haben als die Mitarbeiter und qualitätssichernde Instanzen oder Regularien, sind Produkt- und Projektmanagement grundsätzlich getrennt voneinander zu betrachten. Ein guter Projektmanager fokussiert sich eher nach Innen und sollte eher eine gesunde Distanz zu Vertrieb und Marketing haben. Er konzentriert sich auf die organisatorischen Abläufe. Wohingegen für den Produktmanager der Blick nach Außen wertvoll ist. Das Feedback vom und die Kommunikation mit Kunden und dem Markt sind für diese Aufgabe essenziell.
Soweit zum klassischen Verständnis. In der agilen Welt sehen wir diese Aufteilung natürlich auch. Man spricht von einem Product Owner, der sowohl Produktmanagement-Verantwortung trägt als auch Teil des Entwicklungsprozesses ist. Die Rolle des Hüters der Prozesse und verantwortlich für den reibungslosen Ablauf des Projektes ist der ScrumMaster.
Gut, aber was ist digitales Projektmanagement?
Kurz gesagt, digitales Projektmanagement realisiert Projekte in der digitalen Welt und nutzt dabei insbesondere digitale Werkzeuge und Methoden.
Damit das jetzt zu einer nützlichen Definition wird, sollten wir klären, was unter dem nebulösen Begriff „digital“ zu verstehen ist. Keine einfache Aufgabe, denn digital oder das einhergehende Wort Digitalisierung wird für alles gebraucht, was auch nur im Entferntesten mit Computern, IT, der Telekommunikation oder dem Internet zu tun hat. In den bald 20 Jahren meiner beruflichen und professionellen Laufbahn habe ich zwar nicht immer im Projektmanagement gearbeitet, aber praktisch alle Arten meiner Projekte und Aufgaben haben die Entwicklungen der digitalen Technologien und das Verhalten der Nutzer begleitet. Allen voran natürlich die immer weiter ausgedehnte Nutzung des Internets in allen erdenklichen Bereichen.
So kann „digital“ recht weit verstanden werden. In Bezug auf das digitale Projektmanagement und die digitale Welt, in der wir leben, bedeutet das, wenn das, was wir herstellen oder liefern, mit dem Internet verbunden ist, dann ist es digital. Projekte nutzen das Internet und Web-Technologien, um Dinge zu realisieren wie Webseiten, Portale, mobile Anwendungen, Communities und Kommunikationsplattformen, Videos bis hin zu Spielen oder Events, E-Commerce bis hin zu Social-Media-Kampagnen und so weiter und so fort. Digitale Projektmanager realisieren die Vorhaben und Projekte der vernetzten Online-Welt.
Wie arbeitet ein digitaler Projektmanager?
Die Arbeit ist zum Teil klassisches Projektmanagement – die Planung, Organisation und Motivation von Ressourcen und Prozessen zur Durchführung eines Projekts. Der Projektmanager leitet oder organisiert ein Team von Menschen, Fachleuten und Interessenvertretern (aka Stakeholdern) und ermöglicht es, gemeinsam Dinge zu schaffen.
Wir sprechen aber über eine breitere Rolle als eine klassische PMI-Projektmanagerrolle. Für einen digitalen Projektmanager geht die Aufgabe über die Organisation eines Teams hinaus. DPMs verwalten Kunden und Ansprechpartner direkt, behalten die strategische Ausrichtung eines Projekts im Auge, besitzen die Kunden- oder Nutzererfahrung und stellen sicher, dass ein Projekt Ergebnisse liefert. Digitales Projektmanagement findet in Matrixorganisationen und Netzwerken, idealerweise ohne erkennbare Hierarchien statt, in denen DPMs für den Output und das Projektmanagement verantwortlich sind, nicht aber für die disziplinarische Leitung des Teams.
Das ist eine komplexe Rolle, die ein breites Kompetenzspektrum erfordert. Die Aufgaben eines digitalen Projektmanagers erfordert ein Verständnis aus einer strategischen Perspektive. Warum ein Projekt durchgeführt werden sollte, welche Technologien zum Einsatz kommen, wie es aussehen könnte, wie es funktionieren sollte und vor allem, wie viel es kosten soll und wann es geliefert wird. DPMs sind in aller Regel digitale Spezialisten, aber Generalisten, wenn es darum geht, digitale Strategie, Kunden- und Benutzererfahrung, Geschäftsanalyse, Konzept und Design, Entwicklung, Content und Copywriting, Infrastruktur und Entwicklung, Qualität und Analytics zu verstehen und anzuwenden.